Vitamin-B3-Mangel (Niacin) behandeln & vorbeugen
Aktualisiert am 21.01.22
Niacin ist für viele Stoffwechseltätigkeiten des Körpers verantwortlich. Ein Mangel des Vitamin B3 ist eher selten. Einige Krankheitsbilder oder bestimmte Lebensumstände erfordern dennoch eine höhere Zufuhr, die sich in der Regel jedoch über die Ernährung sicherstellen lässt und keiner Supplementierung bedarf.
In diesem Ratgeber erhalten Sie Informationen zu folgenden Themen:
- Vorkommen & Funktion im Körper
- Ursachen für Vitamin B3-Mangel
- Symptome
- Tägliche Vitamin-B3-Zufuhrhempfehlung
- Mögliche Risikogruppen
- Ernährung bei Vitamin-B3-Mangel
- Folgeerkrankungen durch Vitamin-B3-Mangel
- Vitamin-B3-Mangel behandeln
- Vitamin-B3-Mangel vorbeugen
Vorkommen & Funktion im Körper
Niacin, früher auch als Vitamin B3 oder Pellagra-Preventing Factor ("PP-Faktor") bekannt, gehört zur Gruppe der wasserlöslichen B-Vitamine und umfasst die Substanzen Nicotinsäure, Nicotinsäureamid und Pyridinnukleotid-Coenzyme. Im Gegensatz zu anderen Vitaminen kann der menschliche Körper mithilfe von Vitamin B6 selbst Vitamin B3 aus der Aminosäure Tryptophan herstellen. Im Darm erfolgt die Umwandlung von Nicotinamid in Nicotinsäure, die anschließend ins Blut gelangt und zur Leber transportiert wird.
Die Niacinzufuhr über die Nahrung ist trotz Eigensynthese notwendig
Niacin befindet sich überall im Organismus, wo eine hohe Stoffwechselaktivität herrscht, d. h., in Muskeln, Immunsystem oder im Herzen. Die Menge des selbst produzierten Niacins ist jedoch nicht ausreichend, sodass zudem eine Zufuhr des Vitamins über die Nahrung erforderlich ist.
Vitamin B3 unterstützt viele wichtige Funktionen im Körper, u. a.:
- Energieversorgung des Körpers
- Regeneration der Muskeln, Haut, DNA und des Nervensystems
- Eiweißstoffwechsel
- allgemeiner Erholungsprozess
- Botenstoffbildung im Gehirn; Stimmungslage
- Verdauung
- Herztätigkeit
- Ausleiten von Giften und Schadstoffen
Ursachen für Vitamin B3-Mangel
Folgende Ursachen können für einen Vitamin B3-Mangel in Frage kommen:
Symptome
Ein Vitamin-B3-Mangel entsteht nur selten, äußert sich jedoch folgendermaßen:
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Schwindel
- Übelkeit und Erbrechen
- Nervosität, Reizbarkeit
- Verdauungsstörungen
- Mundtrockenheit und Brennen im Mund
Tägliche Vitamin-B3-Zufuhrempfehlung
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt folgende Richtwerte für die Niacin-mg-Äquivalente* pro Tag an:
Säuglinge
- 0 bis unter 4 Monate: 2mg
- 4 bis unter 12 Monate: 5mg
Kinder bis 7 Jahre
- 1 bis unter 4 Jahre: 8mg
- 4 bis unter 7 Jahre: 9mg
Kinder/Jugendliche, weiblich
- 7 bis unter 10 Jahre: 10mg
- 10 bis unter 13 Jahre: 11mg
- 13 bis unter 15 Jahre: 13mg
- 15 bis unter 19 Jahre: 13mg
Erwachsene, weiblich
- 19 bis unter 25 Jahre: 13mg
- 25 bis unter 51 Jahre: 12mg
- 51 bis unter 65 Jahre: 11mg
- 65 Jahre und älter: 11mg
Kinder/Jugendliche, männlich
- 7 bis unter 10 Jahre: 11mg
- 10 bis unter 13 Jahre: 13mg
- 13 bis unter 15 Jahre: 15mg
- 15 bis unter 19 Jahre: 17mg
Erwachsene, männlich
- 19 bis unter 25 Jahre: 16mg
- 25 bis unter 65 Jahre: 15mg
- 65 Jahre und älter: 14mg
Schwangerschaft & Stillzeit
- Schwangere: 2. Trimester 14mg und 3. Trimester: 16mg
- Stillende:16mg
*1mg Niacinäquivalent = 1 mg Niacin = 60 mg Tryptophan
Der tägliche Niacinbedarf hängt von der aufgenommenen Menge an Tryptophan ab. Aus 60mg Tryptophan kann der Körper ein Milligramm Niacin gewinnen; dies entspricht einem Niacinäquivalent.
Mögliche Risikogruppen
Einige Personengruppen sollten besonders auf eine ausreichende Vitamin-B3-Zufuhr achten:
Schwangere und Stillende
Bei Frauen steigt der Niacinbedarf im zweiten Trimester und erneut im dritten Trimester der Schwangerschaft an. Da Stillende sämtliche Nährstoffe und Vitamine über die Muttermilch an ihr Kind weitergeben, ist der Bedarf an Vitamin B3 auch während der Stillzeit erhöht.
Gesundheitlich vorbelastete Menschen
Personen, die an
- Leberschäden
- chronischen Diarrhöen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
- Carcinoidsyndrom (erhöhter Tryptophanverbrauch zur Serotoninsynthese)
- der Hartnup-Krankheit (Resorptionsstörung neutraler Aminosäuren),
bzw. an Stoffwechsel- oder chronischen Dünndarmerkrankungen leiden, können durch die eingeschränkte Absorptionsfähigkeit des Körpers ebenfalls anfällig für einen Vitamin-B3- Mangel sein.
Mangel- oder Fehlernährung
Ein Vitamin-B3-Mangel kann die Folge einer sehr einseitigen Ernährung, einer strengen Diät oder einer langen Fastenzeit sein. Personen, die nicht ausreichend Vitamin B2 und B6 zu sich nehmen, gehören ebenfalls zur Risikogruppe. Da an Eiweiß gebundenes Niacin (z. B. bei Mais und Hirse) zunächst aufgespalten werden muss und schlechter verfügbar ist, sind zudem Bevölkerungsgruppen gefährdet, die sich überwiegend von diesen Lebensmitteln ernähren.
Niacinmangel durch Medikamenteneinnahme
Auch einige Medikamente können zu einer Unterversorgung mit Vitamin B3 führen, so z. B.:
- Tuberkulostatika (Isoniazid)
- Analgetika/Antirheumatika
- Psychopharmaka
- Antiepileptika
- Immunsuppressiva
- Zytostatika
Alkoholkranke
Betroffene sind häufig nicht mehr in der Lage, ihre Ernährung ausgewogen zusammenzustellen und somit gefährdet, einen Mangel an Vitaminen und anderen Nährstoffen zu erleiden. Ein erhöhter Alkoholkonsum kann zudem zu Leberschäden und infolgedessen ebenfalls zu einem Niacinmangel führen.
Ernährung bei Vitamin-B3-Mangel
Die folgenden Lebensmittel eignen sich, um den täglichen Bedarf an Niacin zu decken:
Pflanzliche niacinreiche Lebensmittel
Verschiedene Obst- und Gemüsesorten, aber auch Nüsse und Hülsenfrüchte enthalten Vitamin B3 (Angabe je 100g pro Lebensmittel):
Obst/Gemüse
- Pfirsich 3,3mg
- Dattel, getrocknet 1,9mg
- Holunderbeere 1,5mg
- Bananen 0,65mg
- Pfifferlinge 6,5mg
- Steinpilz 4,9 mg
- Grünkohl 2,1mg
- Porree 0,5mg
- Feldsalat 0,4mg
Nüsse
- Erdnüsse 15,3mg
- Pinienkerne 4,5mg
- Mandel, süß 4,2mg
- Cashewkerne 2mg
Hülsenfrüchte
- Erbsen 2,8mg
- Sojabohnen 2,5mg
- Linsen 2,2mg
- Weiße Bohnen 2,1mg
Tierische niacinreiche Lebensmittel
Verschiedene Fleisch-, Wurst- und Fischsorten sowie Milchprodukte können - regelmäßig in den Speiseplan integriert - den Vitamin-B3-Bedarf decken (Angaben je 100g pro Lebensmittel):
Fleisch/Wurst
- Hühnerleber 11,6mg
- Rindfleisch 7,5 mg
- Lammfleisch 5,8mg
- Kalbsfleisch 6,3mg
- Schinken 0,21mg
Fisch
- Thunfisch 8,5mg
- Makrele 7,7mg
- Heilbutt 5,9mg
- Seelachs 4,0mg
- Hering 3,8mg
Milchprodukte
- Camembert 1,2mg
- Speisequark 0,2mg
- Vollmilch 0,1mg
Ernährungsvorschläge zur Deckung des täglichen Vitamin-B3-Bedarfs
Die folgende Grafik zeigt, wie Sie den täglichen Vitamin-B3-Normalbedarf eines gesunden Erwachsenen decken können:
Vitamin B3-Aufnahme hemmende Stoffe
Folgende Stoffe können die Aufnahme von Vitamin B3 hemmen:
- Bestimmte Medikamente entziehen dem Körper Niacin bzw. erhöhen den Bedarf an dem Vitamin, z. B. Antiepileptika und Psychopharmaka.
- Mais und Hirse enthalten an Eiweiß gebundenes Niacin, das deutlich schlechter verfügbar ist.
Vitamin B3-Aufnahme fördernde Stoffe
Folgende Stoffe fördern die Aufnahme von Vitamin B3:
- Tryptophan gilt auch als "Provitamin": Mithilfe von Vitamin B6 ermöglicht es dem Körper, B3 herzustellen, daher ist eine ausreichende Versorgung mit der Aminosäure bedeutend.
- Die Niacinaufnahme lässt sich zudem durch eine ausreichende Zufuhr anderer Vitamine und Mineralstoffe verbessern (B2, B6, Kupfer, Eisen, Magnesium), , die die Umwandlung von Tryptophan in Niacin fördern.
Folgeerkrankungen durch einen Vitamin-B3-Mangel
Ein ausgeprägter Mangel kann die Hauterkrankung Pellagra zur Folge haben, die sich in der sogenannten 3-D-Symptomatik äußert:
- Dermatitis; Hautveränderungen
- Diarrhoe; Durchfall, Magen-Darm-Beschwerden
- Demenz; neurologische Auffälligkeiten wie Depressionen, Verwirrtheit oder auch Halluzinationen
Vitamin-B3-Mangel behandeln
In vielen Fällen lässt sich ein Vitamin-B3-Mangel über die Ernährung ausgleichen. Da ein Defizit eines B-Vitamins häufig mit einem Mangel weiterer Vitamine dieser Gruppe einhergeht, ist von der Gabe eines reinen Niacinpräparats anstelle eines Komplexes abzuraten. Beim Verdacht auf einen Niacinmangel empfiehlt es sich jedoch in jedem Falle, einen Arzt hinzuzuziehen, um gegebenenfalls andere Defizite aufzuspüren und die geeignete Dosis und Darreichungsform einer Supplementierung zu ermitteln.
Mögliche Neben- und Wechselwirkungen von Niacinpräparaten
Von einer zeitgleichen geringen Niacingabe zusammen mit Tryptophan zum Ausgleich von Mangelerscheinungen ist abzuraten, da Niacin das Enzym TDO aktiviert - dieses ist in der Leber für den Tryptophanabbau zuständig. Somit sollte die Behandlung eines Vitamin-B3-Mangels vor einer Tryptophantherapie abgeschlossen sein.
Überdosierung
In hohen Dosen kann die Zufuhr von Niacinpräparaten zu einem Überschuss führen. Die Gefahr einer Niacinüberdosierung ist zwar äußerst gering, aber nicht unmöglich. Insbesondere bei hohen Dosen Nicotinsäure können gesundheitliche Probleme auftreten, vor allem die sogenannten Flush-Symptome:
- Rötungen (Gesicht, Nacken und Arme)
- Hitzegefühl
- Nesselsucht und starker Juckreiz
Erhöhte Dosen von bis zu mehreren Gramm Nicotinsäure können zu
- Übelkeit und Erbrechen
- verminderter Glukosetoleranz
- Gelbsucht bis hin zur
- Leberschädigung
führen.
BfR warnt vor Überdosierung von Nicotinsäurepräparaten
Nicotinsäurepräparate mit Verzehrsempfehlungen von bis zu mehreren Gramm täglich stuft das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als nicht sicher ein; Nicotinsäure in diversen Medikamenten zur Behandlung diverser Stoffwechselstörungen unter ärztlicher Aufsicht ist hiervon ausgeschlossen.1
Risikogruppen für eine Überdosierung
Menschen, die abnorme Leberwerte aufweisen oder an einer Lebererkrankung, Diabetes, Gicht, Herzrhythmusstörungen, Darmerkrankungen, Migräne oder Alkoholismus leiden, sind mitunter empfänglicher für die Folgen einer zu hohen Nikotinsäuredosis.
Gezielte Überdosierung zur medizinischen Behandlung
Hohe Dosen Niacin finden in Form von Nicotinsäure allerdings pharmazeutisch Verwendung, denn die Substanz wirkt - im Gegensatz zu Nicotinamid - cholesterinsenkend. Nicotinamid hingegen kommt bei einem reinen Vitamin-B3-Mangel zum Einsatz.
Das Amid der Nicotinsäure, Nicotinamid, kann einer australischen klinischen Studie zufolge zudem möglicherweise vor nicht-Melanom-bedingten, durch UV-Strahlung ausgelösten Hauttumoren schützen.2
Vitamin-B3-Mangel vorbeugen
Nicotinsäure ist überwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, während Nicotinsäureamid vor allem über tierische Nahrungsmittel aufgenommen wird. Das wasserlösliche Vitamin B3 geht beim Kochen in das Wasser über, daher kann es bei einem tendenziellen Mangel sinnvoll sein, das Kochwasser weiter zu verwenden. Ein ausgeprägter Niacinmangel entsteht in der Regel jedoch nur bei gesundheitlicher Vorbelastung oder durch eine einseitige bzw. Fehlernährung, die niacinarm ist oder hauptsächlich aus unbehandelten Mais- oder Hirseprodukten besteht.
Bitte beachten Sie: Die ggf. im Ratgeber aufgeführten Produkte stellen keine Empfehlungen dar. Es handelt sich hierbei lediglich um eine lose Auswahl von Präparaten, die einen bestimmten Wirkstoff enthalten und/oder einer speziellen Produktkategorie zugeordnet werden. Diese werden über unsere Seite direkt eingepflegt und stellen keineswegs eine Aufforderung zum Kauf eines bestimmten Produkts dar.
Quellen
1http://www.bfr.bund.de/cm/343/die-einnahme-von-nicotinsaeure-in-ueberhoehter-dosierung-kann-die-gesundheit-schaedigen.pdf
2http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1506197