Vitamin-B1-Mangel (Thiamin) behandeln & vorbeugen
Aktualisiert am 28.06.24
Ein Mangel an Vitamin B1 kann zu verschiedenen Symptomen führen, wie beispielsweise Gefühlsstörungen wie Kribbeln und Taubheit in den Extremitäten, anhaltende Müdigkeit und Stimmungsschwankungen. Obwohl ein solcher Mangel in unseren Breiten selten vorkommt, sind bestimmte Bevölkerungsgruppen einem erhöhten Risiko ausgesetzt und könnten von einer zusätzlichen Vitamin B1-Zufuhr profitieren.
In diesem Ratgeber erhalten Sie Informationen zu folgenden Themen:
- Vorkommen & Funktion im Körper
- Ursachen
- Symptome
- Täglicher Bedarf
- Mögliche Risikogruppen
- Ernährung bei Vitamin B1-Mangel
- Folgeerkrankungen bei Nichtbehandlung
- Vitamin-B1-Mangel behandeln & vorbeugen
Vorkommen & Funktion im Körper
Vitamin B1, auch bekannt als Thiamin, zählt zu den wasserlöslichen B-Vitaminen und spielt eine lebensnotwendige Rolle bei zahlreichen wichtigen Körperfunktionen. Im Gegensatz zu Vitaminen wie B3 und B12 kann der Körper Thiamin nicht selbst herstellen und speichert nur geringe Mengen über kurze Zeiträume. Daher ist eine regelmäßige Zufuhr über die Nahrung essenziell. Bereits nach 14 Tagen ohne ausreichende Zufuhr sind die gespeicherten Reserven zur Hälfte erschöpft und spätestens nach 40 Tagen sind die Thiamin-Vorräte vollständig aufgebraucht.1
Funktionen von Vitamin B1
Thiamin ist an folgenden Funktionen im Körper beteiligt:
- Umwandlung von Kohlenhydraten in Energie
- gesunde Funktion des zentralen Nervensystems
- reguliert Stimmungsschwankungen
- fördert die Konzentration und das Gedächtnis
- Allgemeinbefinden und körperliche Konstitution
Ursachen
Normalerweise decken wir unseren Bedarf an Vitamin B1 durch die Nahrung ab, daher tritt ein Mangel nur selten auf. Das Risiko für ein Defizit kann sich jedoch durch bestimmte Lebenslagen und Situationen erhöhen:
- Alkoholismus, der zu einem schnelleren Abbau von Vitamin B1 führt
- bestimmte Erkrankungen wie Zöliakie und Morbus Crohn, die die Aufnahme von Vitamin B1 beeinträchtigen können
- unausgewogene Ernährung oder gestörtes Essverhalten, das eine ausreichende Aufnahme von Vitamin B1 stören kann
- Phasen des Wachstums oder während der Schwangerschaft und Stillzeit, in denen der Bedarf an Vitamin B1 erhöht ist
Symptome
Sind die körpereigenen Vitamin-B1-Reserven aufgebraucht, treten erste Mangelsymptome auf. Hierzu zählen zum Beispiel:
- Müdigkeit
- Kribbeln und Taubheitsgefühle in Händen und Füßen
- Reizbarkeit
- depressive Verstimmungen
- eingeschränkte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit
Täglicher Vitamin-B1-Bedarf
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt die folgende Menge Vitamin B1, um den täglichen Bedarf zu decken:
Säuglinge
- 0 bis unter 4 Monate: 0,2mg
- 4 bis unter 12 Monate: 0,4mg
Kinder
- 1 bis unter 4 Jahre: 0,6mg
- 4 bis unter 7 Jahre 0,7mg
Kinder und Jugendliche, weiblich
- 7 bis unter 10 Jahre: 0,8mg
- 10 bis unter 13 Jahre: 0,9mg
- 13 bis unter 15 Jahre: 1mg
- 15 bis unter 19 Jahre: 1,1mg
Kinder und Jugendliche, männlich
- 7 bis unter 13 Jahre: 0,9mg
- 10 bis unter 13 Jahre: 1mg
- 13 bis unter 15 Jahre: 1,2mg
- 15 bis unter 19 Jahre: 1,4mg
Erwachsene, weiblich:
- ab 19 Jahre: 1mg
Schwangere und Stillende
- ab dem 2. Trimester: 1,2mg
- ab dem 3.Trimester: 1,3mg
- Stillende: 1,3mg
Erwachsene, männlich
- 19 bis unter 25 Jahre: 1,3mg
- 25 bis unter 65 Jahre: 1,2mg
- ab 65 Jahre: 1,1mg
Mögliche Risikogruppen
Hierzulande gilt ein chronischer Alkoholmissbrauch als typische Ursache für einen Vitamin-B1-Mangel. Dieser geht meist mit einer Fehlernährung einher. Daneben zählen jedoch u. a. auch Schwangere, Stillende und gesundheitlich vorbelastete Menschen zur Risikogruppe.
Schwangerschaft und Stillzeit
Da Thiamin an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt und unter anderem auch für eine gesunde Funktion des zentralen Nervensystems zuständig ist, sollten Schwangere und Stillende um den erhöhten Bedarf wissen und entsprechend ausreichend Vitamin B1 aufnehmen, um sich und ihr Kind optimal zu versorgen.
Einseitige oder Fehlernährung
Das größte Risiko für einen Thiamin-Mangel besteht bei Alkoholabhängigkeit, die häufig mit einer unzureichenden Ernährung einhergeht. Wer sich sehr einseitig ernährt und hauptsächlich auf Weißmehlprodukte oder polierten Reis zurückgreift, nimmt mitunter auch zu wenig Vitamin B1 auf. Auch Senioren sind häufig nicht mehr in der Lage, sich abwechslungsreich zu ernähren und können infolgedessen einen Vitaminmangel aufweisen.
Gesundheitlich vorbelastete Menschen
Einige Krankheiten können einen Vitamin-B1-Mangel begünstigen, so etwa Essstörungen (z. B. Anorexia nervosa, Bulimianervosa, Adipositas) oder chronische Darmerkrankungen wie Zöliakie und Morbus Crohn.
Ernährung bei Vitamin-B1-Mangel
Folgende Lebensmittel können dabei helfen, den täglichen Bedarf an Vitamin B1 zu decken.
Pflanzliche Vitamin-B1-haltige Lebensmittel
Verschiedene Gemüsesorten, aber auch Getreide enthalten Thiamin (Angabe in Milligramm je 100g Lebensmittel):
Gemüse
- Wirsing: 0,4mg
- Kartoffeln: 0,3mg
- Grüne Erbsen: 0,32mg
- Blumenkohl: 0,2mg
Getreide und Samen
- Weizenkeime: 2mg
- Naturreis: 0,4mg
- Weizenschrot- und Vollkornbrot: 0,4mg
- Haferflocken: 0,34mg
Tierische Vitamin-B1-haltige Lebensmittel
Verschiedene Fleischsorten, aber auch Fisch und Milchprodukte können den Thiamin-Bedarf decken (Angabe in Milligramm je 100g Lebensmittel):
Fleisch/Wurst
- Fettarmes Muskelfleisch vom Schwein: 0,9mg
- Hühnerbrust: 0,7mg
- fettarmes Muskelfleisch vom Rind: 0,2mg
Fisch
- Heilbutt: 0,8mg
- Ostseehering: 0,6mg
- Bückling: 0,4mg
Milch und andere tierische Produkte
- Ei: 0,13mg
- Vollmilch: 0,04mg
- Camembert: 0,04mg
- Buttermilch: 0,03mg
Weltweit betrachtet sind Reis und Getreide die wichtigsten Vitamin-B1-Lieferanten - vorausgesetzt, sie sind nicht zu stark ausgemahlen beziehungsweise poliert. Hierzulande decken die Menschen etwa ein Viertel ihres Thiamin-Bedarfs über Backwaren wie Brot.
Ernährungsvorschläge zur Deckung des täglichen Vitamin-B1-Bedarfs
Die folgende Grafik zeigt, wie Sie den täglichen Vitamin-B1-Normalbedarf eines gesunden Erwachsenen decken können:
Diese Stoffe hemmen die Vitamin-B1-Aufnahme
- Ein sehr hoher Konsum von Kaffee und schwarzem Tee kann dazu führen, dass der Körper das Vitamin B1 aus der Nahrung nur unzureichend nutzen kann.
- Der Verzehr von raffiniertem Zucker erhöht den Bedarf an Vitamin B1.
Mögliche Folgeerkrankungen eines Vitamin-B1-Mangels
Besteht ein schwerer Vitamin-B1-Mangel über einen längeren Zeitraum hinweg, kann dies zu der sogenannten Beri-Beri-Krankheit führen. Diese tritt heutzutage meist nur noch in Entwicklungsländern und lediglich vereinzelt in Deutschland auf. Beri Beri äußert sich zunächst in den oben genannten B1-Mangelsymptomen. Die Erkrankung äußert sich jedoch auch in einem Skelettmuskelschwund, der insbesondere zu einer deutlich verminderten Beinfunktion führt, d. h., dass Betroffene nur stark eingeschränkt gehen können.
Die zwei Formen der Beri-Beri-Erkrankung
- Dry Beri Beri ist eine Form des Thiamin-Mangels, bei der vorrangig neuritische Störungen wie z. B. Muskelschwäche, Reflex- und Empfindungsstörungen auftreten.
- Bei Wet Beri Beri hingegen handelt es sich um die ödematöse Form, infolge derer es oft zu Ödembildungen und Herzversagen kommt.
Vitamin-B1-Mangel vorbeugen und behandeln
In der Regel lässt sich ein leichter Thiamin-Mangel bereits durch eine Ernährungsumstellung beheben. Insbesondere gesundheitlich vorbelastete Menschen oder Personen, die unter einem akuten Vitamin-B1-Mangel leiden bzw. einem erhöhten Risiko für ein Defizit ausgesetzt sind, können jedoch mitunter auf eine Therapie angewiesen sein.
Vitamin B1 - Supplementierung
Besteht ein Thiamin-Mangel, kann die Therapie meist mittels oraler Präparate erfolgen. Insbesondere bei einer Aufnahmestörung oder einem akuten Mangel empfiehlt sich jedoch die intravenöse oder intramuskuläre Gabe. Meist ist keine langfristige Behandlung nötig, allerdings sollten Betroffene gegebenenfalls zudem ihre Nahrung umstellen oder mit Vitaminpräparaten ergänzen, um dauerhaft eine ausreichende Vitamin-B1-Zufuhr sicherzustellen. In jedem Falle ist die Vitamingabe unter ärztlicher Aufsicht ratsam, da dieser der Ursache auf den Grund geht und mögliche Krankheiten erkennen und behandeln kann.
Überdosierung
Das Risiko einer konkreten Überdosierung von Thiamin hält sich in Grenzen, da eine Überversorgung über die Nahrung kaum möglich ist und die Nieren überschüssiges Vitamin B1 ausscheiden. Nehmen Menschen jedoch z. B. über Nahrungsergänzungsmittel eine deutlich höhere Dosis - etwa das Hundertfache der empfohlenen Tagesdosis - zu sich, können folgende Symptome auftreten:
- Kopfschmerzen
- Krämpfe
- Hitzegefühl, Schweißausbrüche
- Übelkeit
- Hautreaktionen (Nesselsucht),
Gewöhnlich nehmen wir ausreichend Vitamin B1 über die Nahrung auf, sodass keine Vitaminpräparate erforderlich sind. Personen, die zur Risikogruppe zählen, können ihre Zufuhr häufig bereits durch eine Ernährungsumstellung optimieren. Eine Supplementierung ist normalerweise nur bei einem bestehenden Mangel erforderlich und in der Regel völlig unbedenklich.
Quellen
1https://www.gesundheit.de/ernaehrung/naehrstoffe/vitamine/vitamin-b1-thiamin-id213383/ (Link zuletzt abgerufen am 28.06.2024, 08:46 Uhr)
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=39550
http://www.dgn2010.de/pdf/Keyslides/15_Ludolph-Spektrum%20des%20Vitamin.pdf
Bitte beachten Sie: Die ggf. im Ratgeber aufgeführten Medikamente stellen keine Empfehlungen dar. Es handelt sich hierbei lediglich um eine lose Auswahl von Präparaten, die einen bestimmten Wirkstoff enthalten und/oder einer speziellen Produktkategorie zugeordnet werden. Diese werden über unsere Seite direkt eingepflegt und stellen keineswegs eine Aufforderung zum Kauf eines bestimmten Medikaments dar.