Folsäuremangel behandeln und vorbeugen
Aktualisiert am 01.03.24
Folsäure spielt eine wichtige Rolle bei allen Wachstums- und Entwicklungsprozessen im Körper und gehört zur Gruppe der B-Vitamine. Besonders Frauen, die schwanger werden möchten, Schwangere und stillende Mütter benötigen mehr Folsäure, da ein Mangel schwerwiegende Auswirkungen haben kann. Normalerweise kann eine gesunde und ausgewogene Ernährung den Bedarf an Folsäure decken. Dennoch kann es in bestimmten Lebensphasen sinnvoll sein, Nahrungsergänzungsmittel zu ergänzen.
In diesem Ratgeber erhalten Sie Informationen zu folgenden Themen:
- Vorkommen & Funktion von Folsäure
- Ursachen eines Folsäuremangels
- Symptome eines Folsäuremangels
- Folgen bei Nichtbehandlung eines Folsäuremangels
- Risikogruppen Folsäuremangel
- Täglicher Folsäure-Bedarf
- Ernährung bei Folsäuremangel
- Behandlung mit Nahrungsergänzungsmitteln
- Folsäurezufuhr bei Kinderwunsch, Schwangerschaft & Stillzeit
- Folgen bei Überdosierung
- Studien und Erkenntnisse
Vorkommen von Folsäure
Das wasserlösliche Vitamin „Folat“ wird auch als Vitamin B9 oder Vitamin B11 bezeichnet. Dabei ist Folat ein Überbegriff für viele verschiedene physiologisch aktive Verbindungen, die Vitaminwirkung zeigen und natürlicherweise in Lebensmitteln enthalten sind. Die synthetische (industriell hergestellte) Form des Vitamins ist die sogenannte Folsäure. Diese wird zur Anreicherung von Lebensmitteln und in Vitaminpräparaten verwendet. Obwohl der menschliche Körper in der Lage ist, zuvor aufgenommene Folsäure über Vitamin B12 zu recyceln, kann er Folsäure nicht selbst herstellen und ist daher auf eine kontinuierliche Zufuhr über die Nahrung angewiesen.
Funktion von Folsäure im Körper
Folat und damit auch Folsäure ist an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt und wichtig für die Zellteilung. Zudem ist es unerlässlich für Wachstum- und Entwicklungsprozesse im Körper und des Fötus bei Schwangeren.
Ursachen eines Folsäuremangels
Folsäuremangel tritt häufig aufgrund verschiedener Ursachen auf, darunter eine unausgewogene Ernährung oder übermäßiger Alkoholkonsum. Auch Lebensumstände können zu einem Mangel an Folsäure führen, wie beispielsweise eine Schwangerschaft. Weiterhin zählen chronische Lebererkrankungen wie Leberzirrhose, schwere Verdauungsstörungen wie bei Zöliakie und eine Schilddrüsenüberfunktion zu den häufigen Auslösern für einen Folsäuremangel. Mitunter kann auch die Einnahme von Medikamenten wie der Antibabypille, Krebsmedikamenten oder Rheumamittel den Folsäurespiegel negativ beeinflussen. Ebenfalls bedingen Chemotherapien und Bestrahlungen oft einen Folsäuremangel.
Symptome eines Folsäuremangels
Typische Anzeichen eines Folsäuremangels sind:
- Auffällig blasse Haut
- Stark gerötete und entzündete Zunge (Glossitis)
- Müdigkeit
- Erschöpfung
- Konzentrationsschwäche
- Gewichtsverlust
- Blutplättchenmangel (Thrombozytopenie)
In schwerwiegenden Fällen kann ein Folsäuremangel zu Herzrhythmusstörungen und Atemnot führen, da aufgrund des Mangels an roten Blutkörperchen nicht genügend Sauerstoff im Körper transportiert wird. Ein Mangel an Blutplättchen erhöht die Anfälligkeit für Blutungen, was zu Schleimhautblutungen, punktförmigen Blutungen in der Haut und vermehrten Blutergüssen führen kann. Ein Mangel an weißen Blutkörperchen macht den Körper anfälliger für Infektionen.
Folgen bei Nichtbehandlung eines Folsäuremangels
Ein chronischer Folsäuremangels kann eine Form der Blutarmut, bekannt als megaloblastische Anämie, nach sich ziehen. Zusätzlich können Störungen in der Zellteilung auftreten, was besonders negative Auswirkungen auf sich schnell teilende Zellen im Knochenmark und im Verdauungstrakt haben kann.
Während der Schwangerschaft besteht bei unzureichender Folatversorgung ein erhöhtes Risiko für angeborene Fehlbildungen des Embryos, wie beispielsweise Neuralrohrdefekte, die das Gehirn und/oder das Rückenmark des Kindes betreffen können. Eine der häufigsten Formen ist die sogenannte Spina bifida, auch bekannt als „offener Rücken“.
Risikogruppen für einen Folsäuremangel
Auf eine ausreichende Folsäurezufuhr sollten vor allem folgende Personengruppen achten, da bei ihnen ein erhöhter Folsäurebedarf bestehen kann:
- Frauen mit Kinderwunsch
- Schwangere & Stillende
- Frauen mit regelmäßiger Einnahme der Antibabypille
- Personen mit chronischen Erkrankungen
- Raucher
Frauen mit Kinderwunsch
Schon in den ersten vier Wochen der Schwangerschaft, wenn viele Frauen noch nicht einmal wissen, dass sie schwanger sind, bildet sich das Neuralrohr, aus dem das Zentralnervensystem (bestehend aus Gehirn und Rückenmark) entsteht. Normalerweise schließt sich das Neuralrohr vollständig gegen Ende der vierten Schwangerschaftswoche. Wenn dieser Verschluss nicht oder nur teilweise erfolgt, spricht man von einem Neuralrohrdefekt (beispielsweise Spina bifida - „offener Rücken“).
Studien haben gezeigt, dass das Risiko durch die Einnahme von Folsäure vor und während der kritischen Phase des Neuralrohrverschlusses reduziert werden kann. Um bis zum Zeitpunkt des Neuralrohrverschlusses eine ausreichende Folatkonzentration zu erreichen, wird empfohlen, dass Frauen bereits etwa vier Wochen vor einer Schwangerschaft mit der Einnahme von Folsäure beginnen bzw. bereits bei Kinderwunsch. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät zu einer täglichen Zufuhr von 400µg Folsäure, um Neuralrohrdefekten vorzubeugen.
Schwangere & Stillende
Ein erhöhter Folsäurebedarf besteht nicht nur ab Kinderwunsch und im ersten Schwangerschaftsdrittel, sondern während der gesamten Schwangerschaft. Denn neben der Reduzierung von Fehlbildungen beim Embryo fördert Folsäure auch die Zellteilung und Blutbildung. Selbst während der Stillzeit ist Folsäure für das gesunde Wachstum des Babys wichtig und der Bedarf demnach erhöht.
Frauen mit regelmäßiger Einnahme der Antibabypille
Die langfristige Verwendung der Antibabypille kann zu einem erheblichen Mangel an Vitamin B12 und Folsäure führen, da der Körper teilweise die gleichen Enzyme für die Umwandlung der Hormone in der Antibabypille benötigt, die für die Aufnahme dieser Vitamine erforderlich sind. Jedoch sind nicht ausreichend Enzyme vorhanden, um eine angemessene Zufuhr sicherzustellen. Des Weiteren können auch andere Medikamente wie Aspirin, Antibiotika oder Magensäureblocker den Folsäurehaushalt stören.
Personen mit chronischen Erkrankungen
Menschen mit chronischen Magen-Darm-Erkrankungen können aufgrund ihrer Erkrankung nicht genügend Folsäure im Körper aufnehmen, auch wenn sie über die Nahrung ausreichend Folsäure zu sich nehmen. Dies betrifft ebenso Menschen mit Lebererkrankungen. Hier kann Folsäure nicht mehr richtig in der Leber gespeichert werden. Ein Folsäurespeicherdefizit weisen ebenfalls Mensch auf, die auf eine Dialyse angewiesen sind oder unter einer Schilddrüsenüberfunktion leiden.
Anders verhält es sich bei Personen mit Tumorerkrankungen. Hier wird bewusst ein Folsäuremangel herbeigeführt. Denn Tumorzellen benötigen Folsäure um sich zu vermehren. Aus diesem Grund kommen bei Betroffenen sogenannte Folsäureantagonisten zum Einsatz, die gezielt einen Folsäuremangel erwirken und dadurch das Recycling des gebrauchten Vitamins aufhalten. Diese Behandlung soll den Tumor schädigen und das Wachstum verhindern oder zumindest verlangsamen.
Raucher
Raucher weisen häufig einen Mangel an Vitamin B6, B12 und Folsäure auf, da Rauchen die Aufnahme dieser Vitamine im Körper vermindert. Allerdings können diese Vitamine dazu beitragen, sogenannten Homocystein (Eiweißbaustein) im Körper abzubauen. Ein erhöhter Homocysteinwert im Blutplasma von Rauchern erhöht wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.1
Täglicher Folsäure-Bedarf
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt folgende tägliche Folsäure-Zufuhr:
Säuglinge und Babys
- bis 4 Monate: 60µg
- 4 bis unter 12 Monate: 80µg
Kinder
- bis 4 Jahre: 120µg
- 4 bis unter 7 Jahre: 140µg
- bis 10 Jahre: 180µg
- 10 bis unter 13 Jahre: 240µg
- ab 13 Jahre: 300µg
Erwachsene
- gesunde Erwachsene in jedem Alter: 300µg
Schwangerschaft & Stillzeit
- Schwangere: 550µg
- Stillende: 450µg
Ernährung bei Folsäuremangel
In der Regel kann der tägliche Bedarf an Folsäure durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung gedeckt werden. Dazu gehören regelmäßig grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Eier auf dem Speiseplan, die wertvolle Quellen für Folsäure sind.
Folgende Lebensmittel enthalten reichlich Folsäure (Menge in µg/100g):
- Rinderleber: 592µg
- Weizenkeime: 520µg
- Hühnerleber: 380µg
- Kichererbsen: 340µg
- Sojabohnen: 250µg
- Weiße Bohne: 205µg
- Grünkohl: 187µg
- Erdnüsse: 169µg
- Linsen: 168µg
- Hühnereigelb: 162µg
- Erbsen: 151µg
- Petersilie: 149µg
- Feldsalat: 145µg
- Spinat: 145µg
- Schweineleber: 136µg
- Brokkoli: 114µg
- Porree: 103µg
- Rosenkohl: 101µg
- Blumenkohl: 88µg
- Haferflocken (Vollkorn): 87µg
- Walnüsse: 77µg
- Sauerkirsche: 75µg
- Grüne Bohnen: 70µg
- Haselnüsse: 71µg
- Camembert (30% Fett): 66µg
- Brie (50% Fett): 65µg
- Süßkirschen: 52µg
- Erdbeeren: 43µg
Ernährungsvorschläge zur Deckung des täglichen Folsäure-Bedarfs
Die folgende Grafik zeigt, wie Sie den täglichen Folsäure-Normalbedarf eines gesunden Erwachsenen decken können:
Achtung bei der Zubereitung von folsäurereichen Lebensmitteln
Beim Verarbeiten, Lagern und Zubereiten von Lebensmitteln geht ein Teil ihres Folsäuregehalts verloren. Zudem ist Folsäure wasserlöslich und reagiert empfindlich auf Hitze, weshalb das Vitamin während des Kochens ins Wasser übergeht. Dies kann bei einigen Gemüsesorten mitunter zwischen 50 und 90 Prozent sein (nur allein durch das Kochen). Um den Folsäuregehalt in Lebensmitteln zu erhalten, ist es ratsam, sie möglichst frisch zu verzehren oder schonend zuzubereiten. Eine kurze Garzeit oder die Mitverwendung des Kochwassers können dazu beitragen.
Folsäuremangel behandeln - mit Nahrungsergänzungsmitteln
Generell empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sowie die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) allen Verbrauchern eine Ernährung mit Lebensmitteln, die reich an natürlichen Folaten sind. Bei Folsäuremangelzuständen wie sie beispielsweise bei Folsäure-Verwertungsstörungen auftreten oder bei einem erhöhten Bedarf (z. B. in der Schwangerschaft und Stillzeit) sollte Folsäure laut Experten zusätzlich durch Nahrungsergänzungen zugeführt werden. Geeignet sind Präparate, die die empfohlene tägliche Zufuhrgrenze einhalten.
Folsäurezufuhr bei Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit
Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist es wichtig, Lebensmittel mit einem hohen Folatgehalt gezielt auszuwählen, um den erhöhten Nährstoffbedarf zu decken. Zusätzlich zur Folataufnahme durch die Ernährung wird Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sowie Schwangeren im ersten Trimester empfohlen, täglich ein Folsäurepräparat einzunehmen, um Neuralrohrdefekte beim Kind vorzubeugen.
Folgende Empfehlungen gelten laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)2:
Frauen mit Kinderwunsch
Frauen mit Kinderwunsch sollten täglich 300µg Folat über die Nahrung sowie zusätzlich 400µg Folsäure in Form einer Nahrungsergänzung aufnehmen.
Schwangere im ersten Trimester
Die tägliche Folatzufuhr sollte bei 550µg liegen. Dies kann gezielt erreicht werden durch natürlicherweise folatreiche Lebensmittel. Zusätzlich ist es ratsam, 400µg Folsäure durch ein Folsäurepräparat zuzuführen, um Neuralohrdefekten beim Embryo vorzubeugen.
Schwangere ab dem zweiten Trimester
Auch über dem ersten Trimester hinaus haben Schwangere einen erhöhten Folatbedarf. Daher gilt auch hier eine Zufuhrempfehlung von 550µg Folat pro Tag über folatreiche Lebensmittel. Eine zusätzliche Aufnahme durch ein Folsäurepräparat ist laut der DGE nicht erforderlich, sollte allerdings individuell mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden.
Stillende
Stillenden Müttern wird empfohlen, täglich 450µg Folat über die Nahrung aufzunehmen. Eine zusätzliche Folsäurezufuhr durch ein Präparat ist laut der DGE nicht erforderlich, sollte jedoch individuell mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden.
Hohen Folsäurebedarf durch angereicherte Lebensmittel decken
In Deutschland sind bereits viele Produkte der Lebensmittelindustrie mit zusätzlicher Folsäure angereichert. Synthetische Folsäure finden Sie beispielsweise in Milchprodukten, Speisesalz, Frühstückscerealien, Müsliriegeln und Multivitamingetränken. Dabei ist die Anzahl der mit Folsäure angereicherten Lebensmitteln in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Folgen bei Überdosierung
Eine dauerhafte Überdosierung von Folsäure, sei es durch angereicherte Lebensmittel oder Nahrungsergänzungspräparaten, kann sich im Gegensatz zu einer Überdosierung von Folat (welches natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommt) schädlich auswirken. So können hohe Mengen an nicht verstoffwechselter Folsäure laut den National Institutes of Health das Immunsystem beeinträchtigen und Magen-Darm-Störungen auslösen. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass hohe Folsäurewerte im Blut dazu führen, dass ein möglicher Vitamin-B-Mangel nicht erkannt wird, was wiederum neurologische Störungen nach sich zieht.
Daher empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für Erwachsene eine tolerierbare Gesamtzufuhrmenge von 1.000 µg Folsäure pro Tag. Kinder und Jugendliche im Alter von 1 bis 17 Jahren sollten täglich zwischen 200µg und 800µg Folsäure zu sich nehmen.
Studien und Erkenntnisse
Kein Nahrungsergänzungsmittel schützt vor Herz-Kreislauf-Krankheiten - außer Folsäure!
Der Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln boomt, obwohl die Wirksamkeit nicht belegt ist. Forscher der University of Toronto werteten nun 179 hochwertige randomisierte und kontrollierte Studien aus den Jahren 2012 bis 2017 aus, die unter anderem die Wirksamkeit von Vitamin D, Calcium, Vitamin C, Beta-Karotin, Selen, Vitamin B3 (Niacin) und Antioxidantien untersuchte.
Nach Aussage der Studien sind diese Vitamin- und Mineralstoffpräparate hinsichtlich Herz-Kreislauf-Krankheitennutzlos, Vitamin B3 und Antioxidantien erhöhten die Gesamtsterblichkeit sogar um zehn beziehungsweise sechs Prozent. Einzig die Folsäure überzeugte: Mittels Folsäure-Präparaten ließ sich ein Rückgang des Schlaganfallrisikos um 20 % erzielen. Hier geht's zur Studie.
Bitte beachten Sie: Die ggf. im Ratgeber aufgeführten Produkte stellen keine Empfehlungen dar. Es handelt sich hierbei lediglich um eine lose Auswahl von Präparaten, die einen bestimmten Wirkstoff enthalten und/oder einer speziellen Produktkategorie zugeordnet werden. Diese werden über unsere Seite direkt eingepflegt und sind keineswegs eine Aufforderung zum Kauf eines bestimmten Produkts.
Quellen
1 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12323157
2 https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/folat/#c3121